din gemartirt
durch got. Und do man sie enthoubite, do geschach da ein groz wundir:
Einis vingir und des andirn twele wurdin entpfangin an die wolkin und
in den hiemil gefurt. Und daz sagin alle, die da warin, und volgitin
deme schiemin des goldis an dem vingere und dem wizin an dem tuelin mit
den ougin.
Und ouch zweier mertere, Marini et Astirij . Do der erste gevragit
wart, daz he kirstin were, und he is bekante tůrstlichin, do wurdin im
drie stunde gegebin zů bekennine. Und do antworte he tůrstlichin: „Iz
ist billichir, daz wie gote gehorsam sin mer denne dem menschin!“ Und
also wart he enthoubit. Und do nam sin geverte Astirius den licham uf
sinen hals an sin cleit. Und also wart he ouch gemartirt.
Bildbeschreibung:
1. Die erste Miniatur zeigt zwei enthauptete Märtyrerkörper, wobei nur
ein abgeschlagener, nimbierter Kopf zu sehen ist. Die Körper sind in
der für Enthauptungsszenen typischen Gebetshaltung abgebildet. Im
Hintergrund ist ein weiterer nimbierter Heiliger zu sehen.
Ausgehend von der Hinrichtungsart (Enthauptung) ist das
Bild auf das Martyrium von Emitherius und Chelodonius zu beziehen. Bei
der dritten Heiligenfigur handelt es sich wahrscheinlich um einen
vorlagenbedingten ikonographischen Überschuß, der hier keine
sinntragende Funktion erfüllt.
Obwohl im Text das Wunder nach dem Tod der Märtyrer den
Schwerpunkt der Legende ausmacht (der goldene Ring des einen und das
Schweißtuch des anderen Heiligen fahren vor Augen aller Anwesenden in
den Himmel), wurden im Bild ausschließlich die enthaupteten
Märtyrerkörper dargestellt. Vielleicht war es den Malern aus nicht mehr
rekonstruierbaren Gründen nicht möglich, eine Darstellung des
Wunderereignisses selbständig zu komponieren, so daß sie den Vorgaben
ihrer Vorlage gefolgt sind bzw. ein geläufiges ikonographisches Muster
herangezogen haben.
2. Das zweite Bild zeigt Astirius, der den Leichnam seines Gefährten
Marinus auf seinen Schultern hält und von einem Schergen enthauptet
werden soll. Beide Märtyrer sind mit Heiligenscheinen dargestellt,
Astirius wendet seinen Kopf zum Scharfrichter. Der Leichnam des Marinus
ist – offenbar seiner besonderen Plazierung auf den Schultern des
Astirius Rechnung tragend – als besonders klein abgebildet.
4. März
G. iiij. Noñ. Mar.
Natale sancti Lucij papae et martyris. Dirre gebot, daz zwene priestere
und drie dyaconin an allen stetin mit dem bischove wesin scholdin. Und
he wart durch den rechtin geloubin an ein ellende gesant und dar na von
gotlicher gewalt wieder gesant. Und zů lestin enthoubit. He was bischof
drů iar und dri mandin und dri tage.
Und an diesime tage wurdin gemartirt zů Rome nůn hundirt .
Und sancti Gai . Der wart an daz mer gesenkit.
Et sancti Julij episcopi et Nycomedis .
Et sancti Adriani . Der wart gemartirt und mit im dri und drizig .
Bildbeschreibung:
1. Das erste Bild stellt die Enthauptung des Bischofs Lucius dar. Der
nimbierte Heilige im Bischofsornat verneigt sich in Gebetshaltung vor
einem Schwert schwingenden Schergen.
2. Das zweite Bild bezieht sich auf das Martyrium der neunhundert in
Rom. Exemplarisch sind fünf entblößte Heilige dargestellt, die durch
den am rechten Bildrand dargestellten Schergen enthauptet werden
sollen. Auffällig ist, daß die Figur des im Vordergrund abgebildeten
Märtyrers (liegend mit geschlossenen Augen und mit auf dem Rücken
gefesselten Händen) eher einer typischen Ikonographie des Ertrinkens im
Wasser und weniger der Enthauptungsikonographie entspricht. Diese Figur
könnte man – wenn sie nicht in eine Massenmartyriumsszene eingebunden
wäre – auf den Tod des im Text erwähnten heiligen Gaius durch Versenken
im Meer beziehen. Der am rechten Rand der Heiligengruppe dargestellte
Märtyrer trägt dagegen in seiner Körperhaltung ein typisches Merkmal
der Enthauptungsszenen: trotz der undeutlichen Zeichnung sieht man
seine im Gebet zusammengelegten Hände. Aufgrund dieser beiden konträren
Befunde könnte man annehmen, daß es sich bei unserem Bild um eine
ikonographische Symbiose aus zwei verschiedenen Martyriumsdarstellungen
(Ertrinken im Wasser und Enthauptung) handelt. Eine deutlich erkennbare
Unsicherheit der Zeichnung spricht eher für eine ad hoc-Komposition und
nicht für eine getreue Kopie eines dem Maler vorliegenden Musters.