11. April
C. iij. Idus. Aprilis.
Sancti Philippi . Der was ein bischof und was vil heilig und wis.
Und zů Rome sancti Leonis , der was pabist.
Und Dominionis , der was bischof. Und acht rittere .
Und Dalmatij . Und zen hundirt und vierzig .
Bildbeschreibung:
Der gesamte Bildstreifen besteht aus nicht-szenischen Darstellungen von
Heiligen, die man aufgrund der Körperhaltung und der Redegebärden als
Gesprächspartner in Beziehung bringen kann. Hier begegnen wir einem im
JM verbreiteten kompositorischen Kunstgriff, durch die im Bild
fingierte Interaktion Bilddynamik zu erzeugen. Da die knappen
Textinformationen keine im Bild realisierbaren Handlungen (wie
Predigttätigkeit, Wunder oder Martyrium) vorgeben, können sie nicht
anders als durch Standbilder der erwähnten Heiligen illustriert werden.
Bei einer bloßen Aneinanderreihung der Figuren würde sich ganz
automatisch eine Bildstatik einstellen, die man mit der Strategie einer
In-Beziehung-Setzung durch Interaktion zu vermeiden suchte. Diese
Strategie wird allerdings nicht konsequent in der gesamten Handschrift
durchgehalten – es gibt durchaus Illustrationen, die aus einer Galerie
von nicht miteinander verbundenen Standbildern bestehen (etwa f. 43v,
45r). Auf ihre Funktion wird in entsprechenden Bildbeschreibungen
eingegangen.
1. Im ersten Heiligenpaar lassen sich der Bischof Philippus und der
Papst Leo erkennen.
2. Bei dem dritten Heiligen im Bischofsornat handelt es sich um
Dominiones, der zu zwei weiteren Heiligen (stellvertretend für die acht
Ritter?) zu sprechen scheint.
3. Zwei hinter einer braunen Erdscholle angeordnete Heilige könnten für
die erwähnten zehnhundertundvierzig Märtyrern (?) stehen. Vielleicht
handelt es sich bei einem der Heiligen um den im Text lediglich
namentlich erwähnten Dalmatius.
12. April
D. ij. Idus. Aprilis.
Zů Rome sancti Iulij . Der was pabist. Der leit cen mandin groz
wiedermůte und enlende von Arriano. Und na sinem tode mit grozin erin
wiedir bracht.
Und ouch sanctorum Cypriani , Novelle , Silvani . Und ouch zweleve .
Bildbeschreibung:
Eindeutig läßt sich nur der Papst Julius aufgrund seines Ornats (Mitra
und Pallium) im ersten Heiligenbild erkennen. Die anderen,
weitestgehend undifferenziert dargestellten Heiligen, kann man auf
Cyprianus, Novella (wobei keine Frau abgebildet wurde), Silvanus und
andere zwölf beziehen.
13. April
E. Idus. Aprilis.
Sanctorum Carpi , der was bischof, und Papirij , der was dyacon. Und
Agathonice , die was eine gůte vrouwe. Und andir vil . Die wurdin alle
durch got gemartiret. Mit den was ouch Iustinus . Der was ein
philosophus und wart ouch gemartiret. Und der erbeite vil mit der
heiligin scrift.
Und zů Hyspania sancti Hirminihildi , den sin vater in den kerker mit
bandin liez werfin. Und an der oster nacht mit einer acks an daz houbit
slan. Also quam he zů gote.
Sancte Euphemie und Eucapie .
Und Policarpi , der was bischof.
Und Pauli , der was dyacon.
Bildbeschreibung:
1. Der als erster abgebildete Bischof ist mit Carpus, der tonsurierte
Geistliche zu seiner Rechten (in weißer Tunika und mit einem Rationale
als Brustschmuck) mit dem Diakon Papirius zu identifizieren. Beide
deuten durch die entsprechenden Handgebärden auf die darauffolgende
Enthauptungsszene, der sie zuzusehen scheinen. Die Enthauptung kann
sich kaum auf die mit Carpus und Papirius verbundene Legende beziehen,
denn die Märtyrer Carpus, Papirius, Agathodorus und Agathonike von
Pergamon wurden (was der JM-Text allerdings nicht erwähnt) verbrannt.
Sie ist vielmehr mit dem Tod des Justinus in Verbindung zu bringen.
Justinus war ein christlicher Philosoph und Schriftsteller, der um 165
in Rom mit 6 Gefährten enthauptet wurde. Der JM-Text (und mit ihm das
Bild) scheint Justinus dem Gefolge des Carpus zuzuordnen.
2. Die Enthauptung des Justinus.
3. Im Kerker ist der auf Veranlassung des eigenen Vaters eingesperrte
Hirminihildus (Hermingild) zu sehen. Links vom Kerker ist ein Scherge
mit einer Axt dargestellt. Das Bild synchronisiert zwei zeitlich
auseinander liegende Ereignisse: die Gefängnishaft des Heiligen und
sein Martyrium durch Enthauptung.