Azarie , Misahelis , daz sie Nabuchodonosor in einim burnindin ovine liez besliezin.
Und sancti Adonis , der was bischof.
Und sancti Valentini und Concordij . Die wurdin gemartiret.
Bildbeschreibung
1. Das erste Bild zeigt einen Feuerofen, in dem die Jünglinge Ananias,
Azarias und Misael ihr Martyrium erlitten. Man spricht bei ihnen
traditionell von den Drei Jünglingen im Feuerofen, gemeint sind die
drei Freunde des Propheten Daniel, die mit ihm zusammen an den
babylonischen Hof kamen (Dan 1,1-6), mit der Verwaltung der Provinz
Babel betraut wurden (Dan 2,49) und nach der Weigerung, vor dem
Götzenbild des König Nebukadnezzar zu opfern, zum Tod in einem
Feuerofen verurteilt wurden (Dan 3). Im Bild sieht man nur die
nimbierten Köpfe der Märtyrer. Die bartlosen Gesichter tragen –
übereinstimmend mit dem Legendenwortlaut – jugendliche Züge. Die rot
kolorierten Feuerflammen wurden an den entsprechenden Stellen bereits
mit Feder vorgezeichnet. Der Ofen ist hellbraun-gelb koloriert und mit
einer dunkelbraunen Konturlinie versehen. Die Öffnung wird von einem
weiß belassenen Segment umrahmt. Durch die schwarze Kolorierung des
Ofeninneren wird seine Tiefe angedeutet. Die wellenförmigen Striche
unterhalb des Ofens deuten die Erde an.
Auf die wunderbare Rettung der Märtyrer durch den Engel des Herrn (Dan
3,49f.) geht das JM weder im Text noch im Bild ein.
2. Das zweite Bild ist ein Portrait des Bischofs Ado von Vienne, der
selbst Verfasser eines verbreiteten lateinischen Martyrologiums war. Er
erscheint im bischöflichen Ornat und mit Bischofsstab, dessen Krümme
mit typisch gotischen Krabben-Verzierungen (auch Kriechblume genannt)
geschmückt ist und in eine dekorative Blume mündet. Der Nimbus, die
Bischofsmitra und das Pallium des Heiligen sind vergoldet.
3. Das dritte Bild widmet sich dem Martyrium der heiligen Valentinus
und Concordius. Die jugendlichen Märtyrer werden enthauptet. Ihre
Nimben sind vergoldet, die Gewänder rot und blau koloriert. Der
Scherge, sein Schwert schwingend, erscheint am rechten Seitenrand im
Dreiviertelprofil. Sein Gesicht zeichnet sich durch eine differenzierte
Modellierung aus: die zusammengekniffenen Augen, die leicht nach oben
geschwungene Augenbraue, der geöffnete Mund und die angedeuteten
Wangenknochen lassen das Gesicht beinahe realistisch erscheinen. Die
Kleidung des Schergen besteht aus einem grünen Obergewand, der vorn
einen kunstvollen Knoten bildet und einem roten Beinling.
17. Dezember
A. xvj. Kl. Januarij.
Sancti Ignatij , der was bischof. Der wart vil pinlich gemartiret.
Zumerstin wart he vor die tier geworfin. Darna wart he gebundin zů Rome
gesant und da wurdin sine schuldiren mit blien kůlin zů slagin, darna
sine sitin mit negelin zů rizzin und mit scharfin steinin zůslagin,
darna die hende mit vůre gevult und mit burnindim olei begozzin. Und
die siten gebrant und undir sine vůze glůnde kolin geschut, und daz
vleisch mit negilin zů rizzin und mit ezche und mit saltze die vundin
[=wundin] begozzin und mit iserinin bandin gebundin, und die vůze in
deme kerkere an eime holtze beslozzin. Und da en az he noch entrank dri
tage nicht. Zů lestin wart he vor die lewin geworfin. Do sprach he:
„Ich bin gotis korn und schal von den zwei lewin gemalin werdin, daz
ich ein schone brot můge werdin Jesu Christo.“ Also quam he zů gote.
Und sancti Lazari , den Jesus Christus von deme tode hiez uf ste.
Und vunfzig mertirere tag ist ouch.
Bildbeschreibung
1. Beide Bildszenen beziehen sich auf das Martyrium des heiligen
Bischof Ignatius Theophorus von Antiochien. Die erste Miniatur zeigt,
wie der Bischof (mit Mitra und Heiligenschein) mit bleiernen Keulen
geschlagen wird. Der Folterknecht im braunen Gewand trägt schwarze
Schuhe und eine blau-goldverzierte Kopfbedeckung. Hier zeigt es sich
wiederholt, daß Goldverzierung im JM nicht ausschließlich ein Mittel
zur Hervorhebung von positiv konnotierten Figuren war, sondern
allgemein zum Zwecke der kostbaren Ausstattung der Handschrift
verwendet wurde.
2. Im zweiten Bild wird der Heilige von zwei Löwen zerrissen. Auffällig
ist, daß Ignatius’ Kleider in beiden Miniaturen unterschiedliche Farbe
haben. Möglicherweise hat der für die Kolorierung zuständige Künstler
nicht beachtet, daß es sich in beiden Bildszenen um ein und denselben
Märtyrer handelt. Denkbar ist auch, daß das JM hier lediglich die
Vorgaben seiner Vorlage tradiert.
3. Ebenfalls zum 17. Dezember scheint das Weinstock-Ornament auf f.
103v zu gehören. Die Zuordnung von zwei Bildstreifen einem Tageseintrag
ist in der Handschrift singulär. Traditionell ist der Weinstock ein
christologisches Symbol. Vielleicht soll hier das Martyrium des
Ignatius typologisch auf die Passion Christi bezogen werden.